Entspricht im Rother-Führer Etappe 54
Eine super Adresse, das Rifugio Savoia, nicht nur auf der kulinarischen Ebene auch die Matratzen sind recht angenehm. Alle unsere Wünsche sind gesättigt und etwas übermütig stehen Vorsätze im Raum, wie beispielsweise, das Italienischlernen nochmals anzugehen. Die ältere Generation spricht oft wirklich nur Italienisch, die Jüngeren verharren gerne im Englisch, was uns nicht besonders erfreut.
Wir lassen den Schwefelgeruch des Thermalbades zurück und das Pech sowieso. Das blaue Glück strahlt von oben und hebt unsere Stimmung noch höher als sie sowieso schon ist.
Natürlich gehts auch heute wieder aufwärts, wir entfliehen dem schattigen Taleinschnitt mit Blick zurück aufs Bad, in endlosen Schlaufen, fast Drehschwindel erregend, wandeln wir uns zu tanzenden Derwischen, nur ohne den auffächernden Rocksaum, bis wir beinahe in Trance aus dem Wald in gleissendes Licht treten und die Argentera-Kette sich vor uns erhebt. Wir realisieren kaum, dass wir Höhenmeter hinter uns lassen, der Aufstieg ist sehr geschmeidig.
Die Berge tragen schon bald wieder ein Krönchen oder doch eher Badehauben mit feuchten Absichten? Nicht nur die Natur, auch der Mensch bietet heute einiges am Wegrand, zum Beispiel echte Steinpilze, steinige Steinpilze, gut getarnte Storchennester und anderes.
Immer wieder erscheinen neue, wild zerklüftete Täler, die echten Glücksmomente eines Wanderers. Wir sind nochmals im Gebiet der Saxifraga florulenta sowie weiteren 2600 Pflanzen, die Hälfte aller Arten in Italien. Die Saxifraga lebt bis zu 50 Jahren als grüner Fächer am Boden und blüht genau einmal, um danach zu sterben.
Der wilde Bergbach rauscht mit unseren Ferien-Endgedanken ins Tal und die tausenden von Steinen haben schon so viel erlebt, dass sie tagelang erzählen könnten. Sie werden auch noch Geschichten sammeln, wenn wir nicht mehr sind.
Plötzlich wird die Stille wortwörtlich durchbohrt: wird eine neue Kletterroute gebohrt? Die Argentera ist schliesslich sehr beliebt bei Kletterern.
Und schon stehen wir vor einer grossen Entscheidung, das Rifugio Morelli-Buzzi liegt direkt am Weg. Vorbeigehen oder einkehren und einen kehren? Die Antwort ist einfach: die Hütten brauchen ja auch Wohltäter. Hier löst sich auch das Lärmrätsel, keine neue Kletterroute, Bob der Baumeister gestaltet den Umschwung der Hütte neu.
Trotz Geräuschkulisse gönnen wir uns die Pause und leisten uns ausnahmsweise auch ein Plättli und etwas Wein. Das wird bestimmt ein toller Platz, wenn dann wieder Ruhe einkehrt.
Wir müssen sowieso weiter, Wolken ziehen auf und wir sind noch nicht auf der Passhöhe.
Auch der weitere Weg versetzt uns in Staunen oder besser gesagt, versteinert uns beinahe. Wer betreibt so viel Aufwand für eine Wanderroute? Eindrücklich und absolut toll.
Nach dem Passo del Chiapous drehen wir wieder unsere Schlaufen, nun aber talwärts. Eine abgemagerte Steingeiss mit ihren zwei Jungen wandert mit uns mit Richtung Stausee. Ob sie den nächsten Winter überleben so mager wie sie sind? Bei uns geht das Gewicht im Piemont jeweils eher hoch, aber wir müssen uns ja auch nicht vom Gras am Weg ernähren.
Unten angelangt, passieren wir den eindrücklichen Staudamm, können bereits einen Blick auf Entraque tief im Tal werfen, unser Ausstiegsort. Zum Glück hat die GTA keine direkte Wegführung, sondern eine lohnenswerte.
Mit ersten Regentropfen treffen wir im Rifugio-Genova ein, auch ein absoluter Wohlfühlort.
Fazit des Tages: Lieber gute Vorsätze als hohe Absätze
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