Ioannina – Mitsikeli-Hütte / Tagesmotto: Unruhe in der Ruhe
Um 13 Uhr sind wir zurück in Ioannina und trotten gut bepackt mit Nahrungsmitteln und Wasser los, dem See entlang. Die Luft ist ziemlich gut temperiert, es wachsen jedoch Gewittertürme empor und die Bewölkung nimmt langsam zu. Um unsere Schweissdrüsen etwas zu schonen, halten wir es wie die Einheimischen und schalten bis 16 Uhr bei Griechischem Salat und Lamm-Souvlaki (Spiessli) eine ausgiebige Siesta ein.
Dann gehts im Sonnenhang aufwärts, zum Glück ist der Weg vorhanden! Denn wo ein Weg ist, ist auch ein Wille. Wir folgen nun dem Greek National Trail O3 und sind zurück in der Ruhe der Natur.
Bald werden wir jedoch von einem vorbeirauschenden Gewitter knapp gestreift und müssen zum ersten Mal unsere Regenkleidung montieren. Doch der Spuk ist rasch vorüber und die abgekühlte Luft ist wie ein Segen. Bei der verschlossenen Mitsikeli-Hütte stellen wir das Zelt auf, schöner Platz mit Aussicht nach Ioannina und auf den Hügel mit der geräuschgeballten Nacht vor 4 Tagen.
Mitsikeli-Berghütte – Kipoi / Tagesmotto: ein bisschen Schweiz
Der Kuckuck und unser Wecker holen uns synchron aus den Träumen, um Viertel nach sechs sind wir abmarschbereit. Im Tal liegt eine Nebeldecke, gut haben wir gestern noch 900 Höhenmeter gemacht.
Ab der Mitsikeli Berghütte hat sich der O3 zu einem ‚Oh nix’ entwickelt, zu Beginn können wir noch ausgetrampelten Viehpfaden folgen doch irgendwann ist alles nur noch ein riesiges Kleefeld. Mit ‚Traffik‘ von Züri West im gedanklichen Ohr gehts ohne Schäferstündchen weiter, bis wir bei einer grossen Kuhherde eine Znünipause einlegen.
Bald kommt der Hirte mit Bonbons im Angebot, dafür bieten wir ihm Nüsse an und sind für ihn wohl eine seltene Abwechslung. Wir werden zu Kaffee eingeladen bei seiner Hütte, er tischt uns dann nicht wie erwartet griechischen Kaffee auf, sondern ein Nestlé Fertigfrappé mit enorm viel Verpackung. Den Abfall dürfen wir nicht mitnehmen, wir ahnen wo er landen wird.
Avni begleitet uns dann noch ein Stück, zu Beginn noch in seiner dicken Winterjacke und wir schwitzen schon wieder wie richtige Schwizer.
Und tatsächlich kommen fast ein wenig Heimatgefühle auf, als wir diese tolle Hochebene im Glockengebimmel durchstreifen.
Das Pindos-Gebirge kommt mit grossen Schritten näher und ähnelt ein wenig den Churfirsten, sogar ein paar Schneeflecken liegen noch, auf den Churfirsten wohl auch.
Pünktlich zur Mittagszeit erreichen wir das Dörfchen Ikorfo, anscheinend ein beliebtes Ausflugsziel, mit schönem Dorfplatz, Häuser im traditionellen Stil und einem gemütlichen Restaurant. So lassen auch wir uns gerne wieder bekochen!
Am Nachmittag gehts dann lange einem wilden Bächlein entlang bis kurz vor Kipoi. wo wir im lichten Wald unser Zelt aufstellen.
Bis zum abendlichen, erfrischenden Gewitter erledigen wir die Hausarbeiten und freuen uns über den leckeren Tee, welcher Avni uns aus dem wilden Kräutergarten der Natur mitgegeben hat.
Kipoi – Oxia / Tagesmotto: über sieben Brücken musst du gehen
Wo sind Sonjas Socken? Volltreffer, im bereits verpackten Schlafsack von Thomas… da packt er doch gerne nochmals aus und versucht tagsüber mit Thymiankräutern wieder eine atmungsfähige Geruchsbalance im Schlafsack herzustellen.
Im Tal ist es auch heute Morgen neblig und so sind die ersten Steinbrücken noch etwas verhüllt.
Bereits gestern und auch heute überqueren wir immer wieder ursprüngliche Steinbrücken, welche im 18. und 19. Jahrhundert von wohlhabenden Familien gespendet wurden und nach ihnen benannt sind. So war ein Zugang in die abgelegenen Dörfer auch im Winter möglich.
Für die Vikos-Schlucht und das Pindos-Gebirge gibts ganz neu einen Rother Wanderführer, sogar im App-Store zum Downloaden. Dieser vereinfacht uns die Wahl der Route um möglichst lohnenswerte Abschnitte zu wählen.
Ein Vorgeschmack für Morgen durch die Vikos-Schlucht erhalten wir bereits heute Vormittag. Im trockenen Bachbett führt ganz offiziell der Weg durch. Bei starkem Regen nicht sehr empfehlenswert. Und bereits kurz nach dem Ausstieg aus der Schlucht sind wir wieder in dschungelähnlichen Wäldern.
Auch grasende Kühe sind an der Arbeit, sie sind nie eingehegt aber meistens von mehreren Hunden beschützt. Doch die rennen meistens davon wenn sie uns sehen und verstecken sich. Hier bewachen anscheinend die Kühe die Hunde.
Wir begegnen auf den tollen und gut markierten Wanderwegen keinem Menschen, aber in den zahlreichen, charmanten Bergdörfern fühlt es sich an wie in einem Sack mit Flöhen. Die Griechen sind wohl alle in die Berge geflüchtet! Nicht zum Wandern, sondern zum gemütlich essen, trinken und im Schatten mit angenehmer Brise zu sitzen. Wir erfahren, dass dieses Wochenende orthodoxe Pfingsten sind und das erklärt auch, weshalb heute Sonntag alle Hotels ausgebucht sind. So wird es halt nochmals nichts mit gut riechen heute!
Eine Hotelbesitzerin in Monodendri klärt uns dann auf, dass wir ohne Probleme unterhalb der Kirche unser Zelt aufschlagen können, die Toiletten ihres Cafés sind auch offen über Nacht und wir dürfen sie gerne benutzen. Das sei hier ganz normal, man könne das Zelt überall aufstellen. Das sind natürlich erfreuliche Neuigkeiten. Gilt wohl nicht für die touristischen Regionen am Meer.
Wir ziehen es dann doch vor, diesem Menschenauflauf den Rücken zu kehren und steigen noch hoch, bis zum Aussichtspunkt Oxia, von wo aus sich uns ein tiefer Blick in die Vikos-Schlucht eröffnet. Unser Weg von Morgen.
Nur ein paar Meter seitlich entfernt hinter Bäumen über dem Abhang stellen wir unser Zelt auf und hören noch bis es dunkel ist Autos und fröhliche Menschen beim Selfie-Wettschiessen.
Oxia – Mikro-Papingo / Tagesmotto: mit allen Wassern gewaschen
Wir können erstmals das Zelt trocken einpacken, bereits um 6 Uhr ist die Luft mild. Bald sind wir zurück in Monodendri und tatsächlich steht ein Zelt bei der hübschen Kirche.
Nach etwa einem stündigen Abstieg steigen wir in die imposante Vikos-Schlucht ein. Der Weg führt mehrheitlich leicht erhöht im Hang durch tropisch-feuchte Wälder. Innert kurzer Zeit sind wir gut angefeuchtet, allerdings nicht durch eine Erfrischung im Bachbett, denn dieses weist nur an ganz wenigen Stellen Wasser auf.
Einmal huscht eine Schlange vor Thomas Füssen weg ins Dickicht, leider zu schnell für ein Foto. So haben wir uns den Mikro-Tierchen auf dem Weg gewidmet.
Vor 10 Tagen sind wir in Igoumenitsa zu Fuss gestartet. Uns kommt es so vor, als wären wir schon mehrere Wochen wieder unterwegs. Sehr viele schöne Erinnerungen tragen wir bereits mit uns und tolle Begegnungen haben unseren Weg bereichert. Wir fühlen uns schon top eingelaufen, nichts schmerzt und die Beine werden kaum müde. Nur die Hitze gnagt an uns. Morgen gehts dann richtig in die Berge mit dem Einstieg ins Pindos-Gebirge, aber vorher noch etwas Kitsch beim Znacht im Mondschein hinter der Bergkulisse und der gesanglichen Begleitung einer Zwergohreule und später dann noch ein richtiges Bett!
1 Kommentar
Reini · Juni 23, 2021 um 08:31
Einmal mehr vielen Dank für Euren Wanderbericht.
Die Gebirgstelze suche ich noch.
Gebt acht, wenn Ihr durch allzudichtes Gestrüpp laufen müsst, aber da wisst Ihr ja selber, Euch vor unangenehmen Überraschungen zu schützen.
Ich freue mich auf den nächsten Bericht.
Pia ist diese Woche auch etwas am Weitwandern. Vom Creux du Van im Jura nach Genf.
Herzlich
Reini