Skopje – Ohrid / Tagesmotto: Im Reisequartett
Unsere Besucher Claudio und Fabienne, der Sohn von Thomas mit seiner Partnerin, sind zwar verspätet aber ansonsten problemlos in Skopje angekommen. Auf die Feriendestination Nordmazedonien gibt es unter Schweizer Wanderern noch keinen Run, sie werden als wohl einzige Schweizer im Flugzeug von den Nordmazedonischen Heimkehrern etwas ungläubig gemustert in ihren Wandertenues.

Am frühen Nachmittag sind wir zurück in Ohrid. Eigentlich möchten WIR unseren Besuchern ein wenig Unterhaltung bieten, doch sie kommen uns zuvor… Auf dem Weg vom Busbahnhof zur Unterkunft fehlt ein Portemonnaie! Schnell zurück zum Bus, doch der hat sich bereits auf den Weg ins Depot gemacht. Polizisten kommen dazu, die Abschrankung ist nicht dazu gedacht, diese zu umgehen. Als sie den Grund für die Aufregung hören sind sie sofort hilfsbereit. Das Portemonnaie ist rasch gefunden und wird vom Chauffeur in einer Viertelstunde zurück gebracht. Nicht einmal ein Trinkgeld nimmt er an.



Ohrid – Sirula / Tagesmotto: Feuertaufe
Recht früh ziehen wir in Ohrid los, denn der Wetterbericht kündigt so ab 13 Uhr Unheil vom Himmel mit sehr viel Niederschlag an.

Kaum verlassen wir die letzten Wohnhäuser, wird die Umgebung immer ländlicher, zahlreiche Obst- und Gemüsefelder deuten auf eine aktive Landwirtschaft hin.

Bald schon gehts los mit etwas Abenteuer. Die tiefen Wasserpfützen im Weg, welche von den gestrigen intensiven Regenfällen stammen, zwingen uns zu einem unfreiwilligen Schlamm-Fussbad. Hoffentlich haben nicht wir jetzt den Schweizer Dauerregen!

Immer wieder ziehen dunkle Wolken auf, es ist heiss und tropisch-feucht. Da sitzt doch tatsächlich im Nirgendwo ein Mann vor einem Tisch voller Erdbeer-Schälchen. Wir sind sehr erstaunt und können uns gar nicht vorstellen, dass hier irgendjemand zum Einkaufen vorbei kommt. Aber wir haben Lust auf Erdbeeren, auch wenn sie nicht so praktisch zum Transportieren sind. Zuerst müssen wir jedoch Platz nehmen, er räumt den Tisch ab, bringt Getränke, wäscht für uns zwei Schalen Erdbeeren und den eigenen Rakija müssen wir natürlich auch probieren. Immer mehr Menschen kommen dazu, einige Nachbarn und auch die Ehefrau. Bald realisieren wir, dass hier kein Erdbeerverkaufsstand ist, sondern frisch vom Feld werden die Früchte abgewogen, in Schälchen verpackt und dann nach Ohrid geliefert. Alles in Handarbeit. Geld möchte er keines, aber das gemeinsame Gruppenfoto, das sollen wir ihm doch bitte senden. Vitamingeladen und mit Rakija-Flügeln gehts weiter, die Passstrasse hoch.




Einmal mehr finden wir den perfekten Platz für einen ausgiebigen Mittagshalt bei einer Kirche, nur noch das Free-WiFi fehlt! Gutgläubig vertrauen wir dem Wetterbericht und entscheiden uns für eine gekochte Mahlzeit. Denn wenns regnet wird kochen schwierig. Wir sind kurz vor dem Aufbrechen, da werden alle himmlischen Versprechen in Taten umgesetzt. Unglaubliche Mengen an Wasser fallen innert Kürze, gottlob schützt uns der recht neue Unterstand ziemlich gut.

Für einen kurzen Moment haben wir das Gefühl, dass das Gewitter mit den heftigsten Niederschlag vorüber ist, doch kaum sind wir abmarschbereit, kommt die ganze Ladung von der anderen Seite wieder zurück. So funktioniert ein Bumerang!

Nach etwa 3 Stunden ausharren, stellen wir unsere Zelte auf, denn es fühlt sich alles feucht und kalt an. Tja, auch wir können unseren Besuchern etwas bieten, nicht nur sie uns!

Immerhin kriechen wir für einen Abendsnack nochmals aus unseren Schlafsäcken, inzwischen haben Regen und Wind nachgelassen und mit gefülltem Bauch und Becher steigt der Stimmungsbarometer wieder deutlich.


Sirula – Crvena Voda / Tagesmotto: Spiel mir das Lied vom Tod
Es wird alles gut! Die Toten verharren über Nacht in ihren Gräbern, der Regen verstummt und der sanfte Wind hat unser Zelt bereits getrocknet. Nicht schon wieder: als wir zum Abmarsch bereit sind, beginnt es wieder heftig zu regnen. Doch es wird wirklich alles gut! Nur ein scheuer Schauer huscht vorüber und dann starten wir in unseren zweiten Wandertag.

Es fühlt sich an wie eine Expedition im Urwald, die nassen Pflanzen auf den überwucherten Wegen hinterlassen feuchte Spuren bis tief in unsere Schuhe. Aber der Himmel wird immer heller und trocknet unsere Gedanken und unsere Kleidung.



Zurück im Tal erreichen wir ein erstes Dorf. Nicht nur die Wasserflaschen füllen wir auf, auch unser Proviant bekommt ein upgrade. Vor dem Mini-Markt fragt uns ein älterer Herr aus, er spricht recht gut Deutsch. Mehrmals fragt er nach, weshalb wir freiwillig zu Fuss über die Berge möchten. Es gibt Strassen und Fahrzeuge! Ja, es ist in der Tat eine tiefgründige Frage , welche wir nicht in einem Satz beantwortet können.

Weitere Dörfer mit vielen verfallenen Häusern folgen und auch das Regenwetter verfolgt uns wieder. Doch zeitgleich mit dem Regenbeginn sitzen wir wieder gut geschützt bei einer Kirche und umgeben von unzähligen Gräbern, rüsten unser frisches Mittagessens und lassen die Regentropfen teetrinkend ihre Arbeit verrichten. Speziell ist, dass einige Grabsteine schon zu Lebzeiten vorbereitet sind, am Tag X muss nur noch das Todesdatum eingraviert werden. Schöne Idee, so weiss man schon wo man später liegt und welche Nachbarn man hat.

Zurück auf dem Weg macht uns ein neuer Wegweiser etwas Hoffnung, auf unserem Weg soll das Restoran Bella Casa in Crvena Voda liegen. Wir müssen uns den Luxus wohl verdienen, zuerst versperren uns mehrere bellende Hunde den Weg, dann werden wir von Mücken fast aufgefressen und kurz vor dem Ziel belädt uns eine Dorfbewohnerin mit einer Unmenge kleiner Äpfel.

Aber das Restoran ist geöffnet und zwar genau seit gestern. Gästebetten bieten sie ab September an, aber wir können unsere Zelte auf der nebenan liegenden Wiese aufstellen.

Nach der Katzenwäsche auf der Toilette fühlen wir uns auch wieder gesellschaftstauglich. Das Nachtessen ist etwas vom Besten, was wir seit langem gegessen haben, die offerierte Torte des Eröffnungsfestes ist dann fast etwas zu viel! Ziemlich todmüde kriechen wir in unsere Zelte, grablos zufrieden.

Crvena Voda – 2 Stunden vor Gari / Tagesmotto: Ohne dich ist alles doof
Endlich wecken uns wieder die Sonnenstrahlen, der Morgen begrüsst uns freundlich. Das ist auch gut, denn heute gehts endlich wieder einmal etwas höher.


Obwohl die Wege auf unseren Apps nicht eingezeichnet sind, können wir lange Holzerstrassen folgen. Teilweise sind sie sogar als Wanderwege markiert! Für einmal umgekehrt, sonst kennen wir eher die mühsame Version, dass Wege auf dem App eingezeichnet sind, in Wirklichkeit aber nicht begehbar sind. Doch ab Crvena Voda führt die Erste Mazedonische Transversale bis nach Ljuboten, vielleicht ist das mit ein Grund.

Aber nicht nur die Holzer benutzen diese Kiesstrassen, auch ein Schäfer kreuzt uns mit seiner Herde und weiter oben, bereits oberhalb der Baumgrenze, fährt plötzlich ein Polizeiauto vor. Ein kurzer Schwatz auf Nordmazedonisch und dann ziehen sie weiter.



Unglaublich, eine Jeep-Piste führt hier bis über 2000 MüM, langgezogen gehts über diese Hochebene und der Gipfel will einfach nicht näher kommen.



Mehrere Schafhirte mit ihren Herden und Hunden sind auch unterwegs, Sie begrüssen uns freundlich und neugierig, die Hunde beschnuppern uns und die Schafe zeigen kein Interesse, richtig doof. Und irgendwann stehen wir doch auf dem Gipfel Babin Srt, sogar ganz ohne Regen.


Der Abstieg ins Tal führt mehrheitlich weglos über Wiesenhänge und durch Heidelbeerstauden, anstrengend für Füsse und Knöchel.

So stellen wir auf 1900 MüM auf einem idyllischen Wiesenplatz unser Nachtlager auf. Auch ein kleines Bächlein fliesst in unmittelbarer Nähe. Etwas weiter unten können wir eine Schäferhütte mit Herde sehen. Schlau, denken wir, sind wir nicht weiter abgestiegen, denn lieber eine Nacht mit tausend Sternen als mit tausend blökenden Schafen.


Doch beim Eindunkeln zieht der Schäfer mit seiner Herde nochmals die Hänge hoch, sehr zu unserer Überraschung. Ein Herdenschutzhund entdeckt uns tatsächlich, obwohl die Herde in guter Entfernung vorbei zieht. Er setzt sich in gesunder Distanz vor unsere Zelte und bellt… und bellt… und bellt. Doch irgendwann sieht er wohl ein, dass wir keine hungrigen Wölfe sind und macht sich auf, zurück zu seinen Schafen. Mit den beiden Kamelen Humor und Geduld kann jede Wüste durchquert werden (arabisches Sprichwort), wie wahr!


1 Kommentar
Sonja · Juli 21, 2021 um 21:19
Wir sind absolut beeindruckt und verfolgen euren Blog schon länger. Super Bilder, geniale Texte…Heute ist nur ganz kurz die Frage aufgetaucht, wer hat nun wohl was vergessen oder liegen gelassen 😉 Markus und ich wünschen euch 4 weiterhin spannende Tage und schicken ein paar Sonnenstrahle. Herzlichst s’Mami vu dä Fabienne 🙂