Babino Polje – Plav / Tagesmotto: Dobrodošli!
Heute vor zwei Monaten sind wir blass und mit noch zarten Füssen erste Schritte auf Corfu gegangen, inzwischen sind wir bereits wieder sehr viele Erlebnisse reicher und farblich den Südländern ähnlich. Die Zeit läuft einfach zu schnell, die Hälfte unserer Wanderzeit ist wohl bald erreicht!
Das heutige Frühstück beschränken wir auf Kaffee, Çai und Trinkjoghurt, denn der Rakija von gestern war definitiv kein Zuckerwasser und schwirrt immer noch in unseren Gedärmen herum. Gut ist Mama Rasia noch nicht zurück aus Plav, und noch besser hat sie Sonja von Frau zu Frau als Küchenchefin für das Morgenessen bestimmt. So können wir uns ziemlich widerstandslos ohne deftigen Mageninhalt verabschieden. Aber die Ankunft in Montenegro ist definitiv gelungen und wir fühlen uns auch hier wieder absolut dobrodošli!
Noch leicht schlaftrunken wandeln wir den Wald hoch, in märchenhafter Atmosphäre rechnen wir jeden Moment mit Elfen und Einhörnern, doch die Fabelwesen bleiben Teil unserer Fantasie.
Das frühe Losmarschieren hat sich gelohnt, noch ist es ruhig und menschenleer am beliebten Hridsko jezero. Das ändert sich dann bereits während unserer ausgiebigen Pause, denn ein Fahrsträsschen führt fast bis zum See. Der ideale Sonntagsausflug für die ganze Verwandtschaft bei der grossen Hitze in den Städten.
Der langgezogene Abstieg nach Plav führt über gepflegte Almen (Katun) sowie durch erfrischende Wälder. Je tiefer wir gelangen, umso drückender ist die Hitze.
Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir das Städtchen Plav am Plavsko jezero. So viele Menschen an einem Haufen fordern uns jeweils etwas heraus und wir freuen uns schon wieder, auf die morgige Etappe in den Bergen. Schaffen wir es bis nach Valbona, unserem letztjährigen Endpunkt?
Plav – Valbona / Tagesmotto: aller guten Dinge sind drei
Auf langgezogenen Waldstrassen gehts ohne grosse Sonneneinstrahlung aufwärts. Erst die letzten Höhenmeter sind dann wirklich zäh: steil und heiss, super Kombination!
Doch dann öffnen sich gleich mehrere Fenster und wir stehen vor dem imposanten Prokletje-Gebirge!
Längere Zeit halten wir die Höhe und geniessen den schönen Ausblick in bekanntes Gebiet. Es fühlt sich ein bisschen an wie Heimkehren!
Und dann plötzlich sind wir wieder in Albanien auf bekannten Wegen unterwegs, das Valbona-Tal liegt zwar immer noch tief unter uns und der Abstieg auf dem rutschigen Gelände ist anstrengend. Auch das Wasser geht uns aus, doch wir wissen ja, dass es im Tal auch noch bessere Varianten gibt.
Und dann stehen wir ziemlich überhitzt und dehydriert im Zentrum von Valbona. Doch die Emotionen bleiben erstaunlich tief, zwar freuen wir uns, wieder im bekannten Tal zu sein, aber die Ausgangslage ist dieses Jahr komplett anders. Wir sind nicht am Endpunkt unserer Wanderung, denn dieser ist auch gar nicht definiert. Und zwar sehr bewusst. Wir enden dort, wo wir dies eines Tages bestimmen. Zudem sind wir erstmals im Sommer hier und es wimmelt von Touristen. Zum ersten Mal auf den PoB sind wir froh um unser Zelt, denn die Unterkünfte sind gut belegt. So ziehen wir Morgen früh ohne Ressentiments weiter und hoffen, dass uns beim 3. Anlauf der Gipfel des Maja e Jezerce gelingt und doch noch einige bleibende Emotionen entlockt.
Valbona – Kafe Bar Simoni / Tagesmotto: Out of order
Im Bauch von Thomas herrscht Unordnung heute Morgen, dennoch ziehen wir wie geplant früh los. Das breite Bachbett kennen wir inzwischen schon beinahe so gut wie den Inhalt unseres Rucksackes und es fühlt sich auch heute endlos an. Die beleuchteten Berge wirken beim Sonnenaufgang noch majestätischer.
Der Wohlfühl-Barometer von Thomas sinkt weiter, anstatt wie erhofft mit dem Tageslicht zu steigen. Bereits um 8.30 erreichen wir die Kafe Bar Simoni und zugleich überschreiten wir die 1’000 km-Marke. Doch die Energie ist schon ziemlich verpufft und die Laune steht uns nicht zum Feiern. So wird das nichts mit dem Jezerce und nur schon der Übergang nach Theth ist eine Herausforderung.
So suchen wir oberhalb des Simoni ein flaches Wieslein und warten dem Schatten nachkriechend ab, ob sich heute nochmals ein Aufwärtstrend andeutet. Es ist auch auf dieser Höhe bereits am Vormittag heiss und das Pommes-Frites-Öl von gestern Abend drückt es aus all unseren Poren.
Thomas schläft, und schläft. Sonja verkürzt sich die Zeit mit Rafik Schamis’ Sophia und zusätzliche Live-Unterhaltung auf dem Weg wird auch geboten. Rudelweise ziehen die wanderfreudigen Touristen an uns vorbei, in allen Farben und Formen, grüssen freundlich und Sprachfragmente aus aller Welt bleiben in der schwülen Luft kleben, ähnlich dem durch Enver Hoxha zugefügten Schmerz in den Seelen der älteren Albanern.
Der Übergang zwischen Theth und Valbona ist wohl die meist gewanderte Strecke in ganz Albanien, auf Wunsch sogar inklusive Gepäcktransport durch Mulis, so dass bequem mit einem Tagesrucksack gewandert werden kann.
Das Simoni liegt ganz nah bei unserem Abstell-Platz, so gibts am Nachmittag, während Thomas immer noch schläft, etwas Abwechslung für Sonja. Im letzten Oktober haben wir mit dem Besitzer Peter einen spannenden Nachmittag verbracht und er freut sich, dass wir wieder hier sind. Als alte Bekannte ist dann alles gratis und Mitessen sowieso ein Muss.
Am Abend kann sich dann Thomas auch noch aufraffen, die 5 Gehminuten abzusteigen. Bestimmt tut der frische Bergtee gut! Der Schäfer zieht mit seinen Schafen vorbei ins Tal, wie jeden Abend. Doch vorher legt auch er eine kurze Pause ein. Das gibts doch gar nicht, mit genau diesem Schäfer haben wir vor bald vier Jahren auf einer Wiese seinen Käse gegessen und unseren Wein getrunken. Der 80ig-Jährige staunt nicht schlecht, als wir ihm ein gemeinsames Foto zeigen.
Beim Eindunkeln verziehen wir uns ins Zelt und hoffen fest, dass Morgen wieder beide Körper betriebsbereit sind. Ob wir dann über den Jezerce gehen, ist noch offen, denn anscheinend liegt immer noch recht viel Schnee, was die lange und strenge Tour noch zusätzlich erschwert. Und die idealen Schuhe haben wir auch nicht für solche Unternehmungen. Aber reizen würde es uns schon!
Kafe Bar Simoni – Theth / Vernunft vor Lust
Tendenz steigend – immerhin. Früh packen wir zusammen und steigen hoch, etwas wehmütig vorbei beim Abzweiger zum Jezerce, doch die Vernunft siegt heute für einmal über die Lust. Oder brauchen wir einfach einen Grund, um nochmals hierher zurück zu kehren?
Die Sonne mag noch nicht so richtig zwischen den Bergspitzen hervor brennen, aber wir fühlen uns bereits wieder wie in einem finnischen Dampfbad. Woher kommt diese Feuchtigkeit? Die Erde ist etwa so trocken wie der englische Humor!
Der Trail zeigt sich heute noch jungfräulich als wir den Valbona-Pass überqueren. Auch diesen Abschnitt sind wir schon einmal gegangen und erinnern uns gut an diesen spektakulären Säumerweg, perfekt im Fels integriert.
Kurz nach dem Pass hat es eine erste Einkehrmöglichkeit, in Erinnerungen schwelgend nutzen wir diese.
Noch Mitten im Vormittag erreichen wir Theth und bereits um 11 Uhr sind wir frisch geduscht und unsere Kleider geniessen das Suhlen im Wasser. Lange ist es her, seit wir ein Waschbecken mit Verschlussstöpsel hatten, sonst muss jeweils ein Kleidungsstück, zum Beispiel eine Socke, diese Funktion übernehmen.
Am Nachmittag trennen wir uns für längere Zeit. Sehr ungewohnt. Doch Sonja ist gespannt, wie Theth nach vier Jahren wirkt und Thomas ist froh, wenn möglichst nichts wirkt. So spaziert Sonja im ebenfalls langgezogenen Tal nochmals abwärts und staunt über die vielen fertigen und halbfertigen Bauten. Der Tourismus ist hier wohl die grösste Einnahmequelle, doch die einzigartige Abgeschiedenheit in diesem schwer erreichbaren Tal geht klar den Bach runter.
Aber einen kleinen Hoffnungsschimmer steht versteckt und unpopulär am Wegrand, ein fast schon antiker Wegweiser nach Vermosh. Ähnlich dem Valbona-Tal jedoch viel weniger touristisch. Und auch der Maja Jezerce ist von hier aus noch möglich, für uns dann einfach nicht als Überschreitung, sondern aller-retour.
Und endlich kommt der lang ersehnte Regen in Form eines Gewitters, vielleicht ist es doch gut, sind wir nicht in den Bergen? Der Regen ist bestimmt wohltuend für den trockenen Boden und wir lassen alles gelassen im Trockenen vorbei ziehen.
Theth / Tagesmotto: Separatismus
Wenn wir schon irgendwo festsitzen, dann wenigstens an einem schönen Ort. Ein weiterer Pausentag ist angesagt und der Blog schreibt separate Geschichten.
Der Tag von Thomas sieht etwa so aus:
Sonja unternimmt eine Tagestour entlang den Naturschönheiten in der Region und hält sich dabei an die Erinnerungen aus dem 2017:
Jetzt hoffen wir fest auf Morgen, dass wir wieder gemeinsam über die Pfade hüpfen können. Der Arapi ruft!
2 Kommentare
Trudi · August 13, 2021 um 19:31
Mit den heutigen Beiträgen weckt ihr viele, viele Erinnerungen an unsere gemeinsamen Wanderungen 2017: das Valbona Tal, das steinige Bachbett, der Wasserfall, die Wassermühle, der Schäfer, u.w.m.
Aber ganz neu und befremdlich ist, dass Thomas tief eingehüllt in Bettdecken und ohne Interesse an die Umwelt. Schade! Ganz gute Besserung, lieber Thomas, und für beide weiterhin viele Neuentdeckungen und natürlich gute Gesundheit. – Einmal mehr: Danke für euere interessanten Infos.
Trudi
Reini · August 13, 2021 um 09:04
So was… ALTE ERINNERUNGEN!
Das Wegstück Valbona Thet, Wasserfall, Quelle weckt starke Erinnerungen an glückliche Tage.
Gute Besserung an Thomas.
Danke vielmals für den ausführlichen Bericht.
Reini