Endlich sind wir wenigstens für zwei Wochen in unserer WG-Konstellation wiedervereint, denn Doris wandert einen Abschnitt durch Bosnien-Herzegowina mit uns mit. Allerdings können wir nicht gleich grosszügig sein wie sie mit uns und ihr einfach einen Platz bei uns im Zelt anbieten, so geräumig ist es nun mal nicht. Aber die Freude über das Wiedersehen ist riesig!

Doris ist für zwei Wochen mit uns unterwegs, einfach nur schön!

Mit einigen VD-Wanderern, welche momentan auch in Bosnien unterwegs sind, stehen wir im Austausch, denn dank unserem Blog werden wir immer wieder mal kontaktiert. So wächst ein spannendes Menschennetzwerk und lustige Begegnungskombinationen entstehen. Mit dem Schweizer Jürg hatten wir im letzten Winter bereits telefoniert und unser Kreuzungspunkt kommt immer näher. Auch Muriel aus Deutschland hat sich in der Vorbereitungsphase noch einige Tipps per Mail geholt und ist ebenfalls südwärts auf unserer Spur. Sie trifft dabei auf Jürg und im Gespräch kommen sie auf die Wurzelkocher. Das alles erzählt uns Jürg bei einem kurzweiligen Abendessen in der Sarajevsko Brauerei, denn das regnerische Wetter lässt auch ihn pausieren. Einfach toll, so unkomplizierten und spontanen Menschen zu begegnen und gemeinsame eine entspannte Zeit zu verbringen.

Wir treffen uns mit Jürg in Sarajevo und verbringen gemütliche Stunden mit Trailnews und anderen amüsanten Geschichten aus dem Reiseleben
Bosnien-Herzegowina

Bosnien-Herzegowina ist ein südeuropäischer Bundesstaat östlich des Adriatischen Meeres auf der Balkanhalbinsel. Er besteht geografisch aus der Region Bosnien im Norden, die rund 80 % des Staatsgebiets einnimmt, und der kleineren Region Herzegowina im Süden. Heute besteht Bosnien und Herzegowina aus den beiden Entitäten Föderation Bosnien und Herzegowina (mehrheitlich von Bosniaken und bosnischen Kroaten bevölkert) und der Republika Srpska (mehrheitlich von bosnischen Serben bevölkert). Die bosnisch-herzegowinische Bevölkerung betrug 2013 gut 3,5 Millionen, Hauptstadt und zugleich größte Stadt des Landes ist Sarajevo. Die Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas werden als Bosnier bezeichnet. Damit sind Bosniaken und Kroaten wie auch Serben gemeint. Dagegen werden mit dem Begriff ‚Bosniaken’ ausschließlich die bosnischstämmigen Muslime bezeichnet. Alle zählen zu den „drei konstituierenden Völkern“ des Landes und sind offiziell gleichberechtigt. Die Bevölkerung sinkt seit den 1990er Jahren infolge des Krieges, aufgrund von Auswanderung und wegen der niedrigen Geburtenrate. Für 2050 wird mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren gerechnet das wäre dann eines der höchsten der Welt. Der Staat ging in seiner heutigen Form aus dem Abkommen von Dayton (1995) hervor und ist laut diesem Rechtsnachfolger der Republik Bosnien und Herzegowina, die unmittelbar nach einem Referendum Anfang 1992 gegründet wurde und während des Bosnienkrieges das einzige international anerkannte von insgesamt vier Staatsgebilden auf dem Territorium Bosnien-Herzegowinas war. Der Vertrag von Dayton beendete den Krieg im Land und schuf einen einheitlichen, jedoch stark dezentralisierten (föderalistischen) Staat. (Quelle: Wikipedia)

Karte von Bosnien-Herzegowina

Nun hat auch uns das regnerische Wetter eingeholt und bestimmt unsere Pläne mit. Ein weiterer Tag in Sarajevo ist die Konsequenz, nicht nur für uns, sondern auch für Jürg. So verbringen wir nochmsls spassige Stunden bei spannenden Gesprächen, gutem Essen und auch Pivo. Für ihn geht‘s am Sonntag nach Kalinovik, wir nehmen den Bus zurück nach Tjentište. Wir werden uns somit nochmals kreuzen!

Die Idee, bei unserer Ankunft in Tjentište am späten Sonntagmachmittag direkt weiter zu wandern, wird vom starken Regenfall weggeschwemmt. So sind wir zurück im Hotel Mladost, Doris erhält unsere ‚alte‘ Kammer im 3. Stock, und der Kellner begrüsst uns per Handshake, so als wären wir uralte Bekannte, welche nur kurz Zigaretten holen waren. Auch für uns fühlt sich alles noch so präsent an, erst noch haben wir hier mit Louisa und Zach unterhaltsame Stunden verbracht und jetzt vertreiben wir die Zeit echt schweizerisch bei einem Sackjass und echt bosnisch mit viel essen und trinken.

Währschafte Platte bevor wir dann ab Morgen wieder etwas magerer durch den Tag kommen müssen
Tjentište – Orlovačko Jezero / Tagesmotto: Drei hoch zwei

8 1/2 h / 1840 M aufwärts / 940 M abwärts / 23.3 km

Endlich ist es soweit und wir starten in unseren ersten Wandertag. Es ist zwar noch etwas verhangen draussen, aber wir sind schon zufrieden, wenn wir trocken bleiben.

Endlich gehts los mit Wandern zu Dritt

Der erste und zugleich auch längste Aufstieg von heute führt uns im Sutjeska-Nationalpark durch den Primärwald Perućica mit seinem uralten Baumbestand und die mystisch tanzenden Nebelschwaden verleihen der Szene einen reellen Charakter. So fühlen wir uns immer wieder mal an, wie ‚Gorillas in the mist‘.

Im Nebel steigen wir durch den mystischen Primärwald Perućica immer höher
Gorillas in the mist? Die Hindernisse im Weg lassen uns klettern!
Die Sonnenstrahlen kämpfen sich erfolgreich durch den Nebel

Doch die blauen Löcher am Himmel wachsen zu immer grösseren Flächen und mit den Sonnenstrahlen wird es richtig angenehm warm. Nicht mehr ganz so heiss wie vor der Abkühlung und auch der Wind ist giftig frisch, aber der September ist ja bereits in der Warteschleife.

Die blauen Löcher am Himmel werden immer grösser

Beim ersten See Donje Bare ist der Cervelat aus der Heimat deutlich höher im Kurs als ein erfrischendes Bad. So gehts frisch gestärkt nochmals eine Stufe höher auf unseren ersten gemeinsamen Gipfel, den Uglješin Vrh.

Bei Cervelat, Tilsiter und Brot aus der Heimat sind wir bald wieder gestärkt
Der Donje Bare Jezero ist einer von vielen Seen im Sutjeska Nationalpark
Bald stehen wir auf unserem ersten gemeinsamen Gipfel…
…dem Uglješin Vrh 1859 MüM
Auf der anderen Talseite in unserem Rücken thront der Maglić
Und schon gehts wieder abwärts: Abstieg vom Uglješin Vrh

Endlich gehts auch einmal abwärts, das ist der grosse Vorteil von Gipfelbesteigungen, höher ist nicht mehr möglich! Doch bald schon kehrt die Neigung wieder und ein zweiter Aufstieg über leuchtende Hänge wird uns geboten. Der Uglješin Vrh wirkt bereits wieder klein und nimmt immer mehr Abstand von uns.

Unser erste Gipfel nimmt immer mehr Abstand von uns
Schon wieder gehts aufwärts, unser zweite Gipfel ist greifbar nah

Es ist bereits 17 Uhr, als wir mit dem Bregoć auf unserem zweiten Gipfel stehen. Jetzt fehlt nur noch der Abstieg zum Orlovačko Jezero, denn dort haben wir uns provisorisch mit Jürg verabredet.

Gleich am ersten Wandertag zu dritt auf zwei Gipfel: drei hoch zwei
Bregoć 2014 MüM: sind wir schräg oder das Gipfelkreuz?

Tatsächlich sehen wir schon von Weitem jemanden mit Rucksack und dunklen Kleidern warten. Jürg ist von Kalinovik zum Orlocačko Jezero gewandert, unsere morgige Etappe. Die Sonne ist schon hinter den Bergspitzen abgetaucht und es kühlt empfindlich ab. Schnell warme Kleider überziehen, damit wir die eingefangene Sonnenwärme noch möglichst lange in uns speichern können um den Abend mit Kochen und Plaudern ausklingen zu lassen. Allerdings ganz so viel Sitzleder wie in Sarajevo haben wir nicht, nach einem Tourentag mit zwei Gipfeln freut sich der Körper darauf, in die waagrechte Position zu fallen und sich möglichst nicht mehr bewegen zu müssen.

Unser Treffpunkt mit Jürg hat gut geklappt, wir finden uns am Orlovačko Jezero und verbringen nochmals einen gemütlichen Abend. Auf Wiedersehen in Nesselbach!
Orlovačko Jezero – Kalinovik / Tagesmotto: Moskau einfach

8 1/2 h / 920 M aufwärts / 1340 M abwärts / 28 km

Wo werden sich unsere Wege wieder kreuzen? Vielleicht in Nesselbach oder Krummnovik. Auf dem Trail gehen wir jedoch definitiv in entgegengesetzter Richtung weiter. Schön haben wir dich kennengelernt Jürg!

Auf Wiedersehen in Nesselbach oder Krummnovik!

Landschaftlich erwartet uns ein absoluter Spitzentag. Beim Losmarschieren um 8 Uhr ist es zwar noch bewölkt, doch bald verändert sich das trostlose Grau in hoffnungsvolles Blau. Die verspielten Wolken perfektionieren die Fotosujets, alles ohne Fotoshop, sondern aus dem real live.

Zum Štirinsko-Jezero gehts über herbstliche Hochebenen, eingepackt zwischen zwei Felsformationen. Der Wind ist frisch und bissig, kein Badewetter für Warmduscher.

Die sanften Farben stimmen uns mild
Endlose Weiten…
…und karstige Gebilde
Štirinsko Jezero: idyllischer See

Der nächste Abschnitt führt durch karstiges Gelände, zwar ohne viel Höhenmeter dafür mit hoher Konzentration. Die Weite und Einsamkeit lässt unsere Herzen immer wieder Freudensprünge nehmen, auch wenn die Beine die Sprünge auf das Nötige minimieren.

Zwischen den Latschenkiefern auf Wegsuche
Die schönen Ausblicke lassen die Anstrengung vergessen
Es zieht sich weit und weiter

Beim Abzweiger zum Velika Lelija beginnt endlich der endlose Abstieg. Das erfrischende Quellwasser hilft immerhin kurzfristig zu etwas mehr Ansporn. Der Wanderweg mutiert zu einer Kiesstrasse, die dekorativen Wolken zu Gebilden aus Monsterfilmen und wir zu unmotivierten Marschierrobotern. Noch zwei Stunden bleiben uns bis Kalinovik.

Wellnessoase am Weg: Frisches Quellwasser

Doch unser Flehen nach Rädern wird erhört, und zwar von einer Bauernfamilie, welche einen Bus voller Wacholderstauden nach Hause transportiert. Unkompliziert können wir uns im Laderaum des Buses gemütlich auf das stachelige Grün setzen und mitfahren. Allerdings nicht wie erhofft bis Kalinovik, sondern bis zu ihrem Zuhause in Jelašca. Eine Wanderstunde bleibt nochmals.

Auf Wacholder gebettet, immerhin einige Kilometer können wir abkürzen
Anlehnen nicht empfohlen, die Fahrt bei offener Türe verlangt Aufmerksamkeit

Ohne Kaffee und Rakija lassen sie uns nicht springen und so wird es doch halb sieben, bis wir in Kalinovik im Hotel Moskva unsere Zimmer beziehen.

Mitfahren nur mit Kaffeepause und Rakija, keine Zeit gespart aber Freude genossen

Auch ohne Mitfahrgelegenheit wäre es nicht später geworden, aber definitiv weniger lustig. Und die letzte Wanderstunde zeigt sich nochmals sehr spektakulär und wolkig, dank der Pause sind wir sogar wieder recht motiviert und im Stechschritt in Richtung Kalinovik unterwegs.

Voller Motivation in Richtung Kalinovik
Ohne Worte
Kalinovik – Vrhovina / Tagesmotto: Das Beste kommt zum Schluss

6 1/2 h / 840 M aufwärts / 610 M abwärts / 16.1 km

Der Abstecher ins Moskva in Kalinovik ist einfach ein Muss. Wem es gelingt, einem der Herren ein Schmunzeln abzuringen, der darf sich wirklich etwas einbilden. Aber der sensationelle Mirabellen-Rakija entlockt immerhin uns ein herzhaftes Lachen. Einmal Flachmann füllen bitte!

Im Hotel Moskva wacht Putin über der Rezeption, das Personal geht mit derselben Mine durch den Tag

Heute wollen wir es etwas ruhiger angehen; Frühstück um acht, Losmarschieren um neun und eine erste Pause um zehn in Vlaholje. Doch das ist keine echte Pause, gleicht eher einem Abstecher in Grimm’s Märchen ‚Hänsel und Gretel’. Doch der Hexe gelingt es nicht, uns mit Lebkuchen in ihre Hütte zu locken, da müsste sie schon Cevapi auftischen.

Bald schon ist eine erste Pause nötig
Fast wie aus Grimm‘s Märchen

Dann gehts los mit dem sanften aber langgezogenen Aufstieg zum Lukavac, unserem heutigen Tageshöchstpunkt. Die Sonne brennt, aber die Bise lässt keine Hitze aufkommen. Auch heute geniessen wir nochmals sehr bewusst die endlose Weite in der prärieähnlichen Landschaft. Jeden Moment rechnen wir mit Gandalf und den sieben Gefährten, welche durch das Auenland ziehen.

Wo sind die anderen Gefährten im Auenland?
Unter Wolke sieben
Himmelsbilder
Weit und endlos
Gottesanbeterin beim Beten

Etwas am ‚Schärmen‘ auf dem Gipfel legen wir eine ausgedehnte Pause ein, die beiden langen letzten Wandertage sitzen uns in den Knochen. Der Rhythmus ist heute deutlich gelassener, Wiener Walzer statt Rock n‘Roll.

Im Walzertakt auf den Lukovac
Paradiesgarten im Nichts

Der Abstieg auf die Kiesstrasse nach Ljuta ist bald vollbracht, die nächsten 13 km können wir bei konstantem Abstieg dieser Route folgen. Es dauert nicht lange, da kommen uns zwei ähnlich bepackte Wanderer entgegen. Bereits von Weitem strahlen wir uns gegenseitig an und sind gespannt, auf die individuellen Geschichten. Thomas scherzt noch: womöglich kennen die uns! Und einmal mehr wird aus Spass Ernst, die beiden sprechen uns auf Englisch an: you must be Thomas and Sonja! Bald wechseln wir auf Deutsch, denn Kathrin und Pauli sind aus Österreich. Unser Blog ist auch für sie eine hilfreiche Informationsquelle auf dem Trail und Kathrin hatte anfangs Jahr mit Thomas Kontakt per Mail. Einfach toll für uns zu erleben, dass unsere ‚Arbeit‘ mit dem Blog nicht nur Freude bereitet, sondern auch sinnvoll ist!

Zufallstreffen mit Kathrin und Pauli; hier werden wir eher erkannt als zu Hause

Kurz nach der Begegnung, wir fühlen uns immer noch ein bisschen wie die Cervelatprominenz von Nesselbach, kommen wir an einem weiteren Traumplatz vorbei. Sieht aus wie ein Camp, aber keine Tafel oder ähnliches deutet darauf hin. Gehen wir doch einfach fragen, ob wir unser Zeltlager aufbauen dürfen.

Was ist wohl die Antwort? Natürlich dürfen wir! Und nicht nur das, wir werden zu Kaffee eingeladen, Bier wird im kitschigen Brunnen mit Fontäne gekühlt, die WC-Häuschen werden in Betrieb genommen, Süssigkeiten müssen wir probieren und ein Lagerfeuer wird entfacht.

Frauenarbeit
Männerarbeit
Sofort wie zu Hause, wir lieben es!
Bosnischer Kaffee zu allen Tageszeiten und Lebenslagen
Wärmendes Feuer

Die Abendsonne verwandelt den einmaligen Platz in ein erneutes Märchen, die Hexe taucht jedoch nicht mehr auf. Gut haben wir das Brot selber gegessen und nicht gestreut! Wir können es nicht oft genug wiederholen, die Herzlichkeit und Grosszügigkeit dieser Menschen hinterlässt uns sprachlos, hoffentlich können wir ganz viele Eigenschaften für immer mit nach Hause schmuggeln.

Privater Campplatz jedoch offen für alle
Herzliche Begegnungen
Romantischer Abend am Lagerfeuer
Tjentište – Vrhovina

3 Kommentare

Yuri from Beograd · September 5, 2021 um 16:48

Schön zu lesen, dass ihr so gut unterwegs seid. Weiterhin eine tolle Wanderung mit vielen einmaligen Erlebnissen und hoffentlich bis bald in Nesselbach 😉
Yuri

Trudi Bruderer · September 3, 2021 um 10:09

Die Frage auf dieser Kommentarseite: „Was beschäftigt dich?“ Mich beschäftigt vieles! Vor allem beneide ich euch um eure vielen tollen Erlebnisse. Aber ich bewundere euch ebenfalls um die viiiiielen Höhen- und Kilometer, die ihr täglich zurücklegt. Super – geniesst es! Diese Freude und die Erfahrungen kann euch niemand nehmen – diese Zeit kommt nicht wieder zurück. Viel Glück auf euren weiteren Pfaden.
Trudi

Reini · September 2, 2021 um 22:13

Bei diesen Wandertouren mit soviel herzlichen Kontakten verleidet es Euch nicht so schnell.
Wannnist Rückkehr vorgesehen?
Und der Doris nimmt es noch den Ärmel rein??
Seid herzlich umarmt oder geknuddelt wie es auch heisst
Von
Reini

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