Entspricht im Rother-Führer Etappe 52
Zum Glück mussten wir niemanden einklappen über Nacht, aber göttlicher Schlaf ist trotzdem anders.
Der Weihrauch liegt noch in der Luft und auch aufgequillter Blumenkohl. Plötzlich wachsen dem Kohl noch Engelsflügel und die Wetterfrösche in der Gruppe sind auf die Wolken fokussiert. Aber die ganze energetische Ladung ist bereits vor unserem Losmarschieren verpufft. Denken wir.
Tatsächlich fokussieren wir uns heute für einmal auf die Diversität am Himmel und nicht auf jene, auf dem Boden. Heimlich konsultieren aber gewisse Mitwanderer doch das Wetterapp, allerdings ohne wirklichen Erfolg bei der Beeinflussung des Wetters.
Wir sind recht felice, das gut besuchte Sant‘ Anna zu verlassen. Als Emerit würden wir einen anderen Platz wählen, da sind wir ja jeden Abend auf dem Jungfraujoch einsamer. Aber Pilgerstätten sind nun mal nur theoretisch für Ruhesuchende.
So wandern wir wieder los, zurück zum Lago del Colle di Sant‘ Anna.
Schon bald tauchen wir in Nebelschwaden und der frische Wind hellt die Stimmung auch nicht auf. Ist das angemessen für Hitzköpfe?
Die Stimmung über die Hügelzüge fühlt sich heute komplett anders an, der September ist eingezogen. Herbstliche Farben im Wechsel von Nebel und scheuen Sonnenstrahlen ziehen uns in den Bann. Und dann ist da auch noch der abwechslungsreiche Himmel, welcher unsere Blicke auf sich zieht.
Die Altocumulus stratiformis translucidus sowie Altocumulus floccus, aber alles ohne Migros-Cumuluspunkte, begleiten uns durch den Tag.
Bald sind wir auf dem breiten Grenzkamm zwischen Frankreich und Italien, entsprechend ändert sich die Begrüssungsfloskel am Weg von Buongiorno, Salve oder Ciao auf Bonjour oder salut. Der rostige Stacheldraht mahnt an frühere Zeiten und wirkt auch heute bedrohlich.
Zudem beschützt uns der breite Grat vor Blicken auf beide Seiten, rechts zeigen sich die hässlichen Narben des Skigebietes Isola 2000, glücklicherweise wurde ein Ausbau auf die italienische Seite nicht erlaubt, und links führt die Passstraße auf den Col de la Lombarde zur französischen Grenze.
Kurz nach dem stark frequentierten Pass nehmen wir den Hinterausgang und entwischen wieder in die Einsamkeit. Doch vorher müssen wir noch den heikelsten Teil unserer Wanderung bewältigen, die Strassenquerung fordert uns aufs Höchste heraus. Töffmikado, wer den Töff berührt, ist aus dem Spiel.
Immer wieder passieren wir Camper oder Familienzelte mit wohnlichem Ausbau, das letzte Wochenende der italienischen Ferienzeit wird gefeiert und alle wollen nochmals in die Berge und Erlebnisse sammeln. Wir ja auch!
Auf dem Wanderweg zum Passo d‘Orgials wurden uns ziemlich viele Steine in den Weg gelegt, aber wenigstens ordentlich. Bestimmt auch militärischer Ursprung. So macht das Partisanenlied ‚bella ciao‘, welches uns immer wieder durch die Köpfe spinnt, doch auch Sinn.
Die Gipfeltrophäe des Monte della Valletta wird dann kurz vor dem Ziel durch einen Donnerknall vereitelt, ein Abstieg in tiefere Gefilde ist nun gefragt.
Der schimmernde See am Weg erinnert uns an den noch offenen Wunsch nach Forelle vom Grill. Immerhin, den Coniglio können wir als gegessen verbuchen. War das Nachtessen im Sant‘ Anna wirklich so priesterlich, dass wir Menuträume durchleben? Ja, das war es.
Es fehlen noch einige Höhenmeter hinunter zum Rifugio Malinvern. Doch dem wunderschön plätschernden Bergbach können nicht alle widerstehen. Kneippeinlage und Katzenwäsche ersetzt die Dusche im Rifugio.
Immer wieder knottert es in der Ferne und nicht alle kommen trocken an. Aber einmal angekommen wird alles gut.
Fazit des Tages: Hinter jeder Wolke findet man Sonnenschein
1 Kommentar
Reini · September 2, 2024 um 23:12
Viele Dank für die täglichen Berichte. So kann ich mit Euch in Gedanken mitwandern.
Und immer wieder Wortspiele, Fotos aus speziellen Blickwinkeln, lustige Begebenheiten.
Wie steht es mit Kriech-, Borst- und anderen Viechern?
Weiterhin Alles Gute, auch auf Euren Tellern.