Entspricht im Rother-Führer Etappe V46

Frühstück auf der Terrasse des wirklich hochzulobenden Centro Culturale Borgata San Martino mit Gesangsbegleitung eines heiseren Eichelhähers ganz ohne anschliessende Kollektensammlung und Ausblick ins Paradies ebenfalls inbegriffen, was will Mann oder Frau mehr?

Frühstück im Paradies
Wirklich eine Wohlfühloase

Doch bereits beim Abstieg nach Stroppo werden wir in die Vergangenheit katapultiert. Der stotzige Hang ist weiträumig terrassiert, nicht um zu frühstücken, sondern um das Überleben zu ermöglichen. Die Menschen haben sich nicht nur Mühe gegeben, vor allem hatten sie auch grosse Mühe um zu überleben. 

Abstieg nach Stroppo durch die terrassierten Hänge: eine mühselige Arbeit
Auch wir haben und geben uns Mühe, aber natürlich auf einer viel einfacheren Ebene

Der heutige Tiefpunkt liegt bei der Val Maira-Talquerung auf rund 900 MüM. Sonjas Körper outet sich als Lieblingstummelplatz für Insekten aller Art, viele hinterlassen mit Freuden ihre Spuren in allen möglichen Formen und Farben. Die schmerzhafteste allerdings stammt von einer radikalisierten Wespe, welche vermutlich erst kürzlich am Wegrand von einem im Wespennest stöbernden Futtersucher in rage versetzt worden ist. Ja, und wie der Name Stich schon sagt, der sticht ganz schön heftig und ausdauernd, genau auf der verlängerten Achillessehne. Aus Sonja wird zunehmend ein dreidimensionales Reliefmotiv.

Zum Glück wirken heilende Kräfte am Wegrand

Der Aufstieg auf der gegenüberliegenden Talseite erfolgt unter dem schützenden Blätterdach des kühlenden Waldes, immer wieder gönnt uns der Weg Rückblicke zum gestrigen Etappenziel am Hang. Eine wilde Gegend.

Valle Maira im Morgendunst
San Martino superiore auf der gegenüberliegenden Talseite

Diverse Wegoptionen stehen heute zur Auswahl, wir bleiben dem GTA-Verlauf, mit Verlängerung über das Rifugio Palent, jedoch treu. Obwohl heute domenica ist, kreuzen wir keine anderen Wanderer. Fast wie auf der nördlichen GTA wandern wir auf einsamen Wegen. Verlassene aber zum Teil auch gut unterhaltene und als Feriensiedlungen umgenutzte Dörfer liegen gut zerstreut entlang der Route.

Das Rifugio Palent ist Posto Tappa der GTA und des P.O. (Percorsi Occitani)

Im Rifugio Palent ist für uns Tages-Halbzeit, ein Boxenstop ist Pflicht. Wir rechnen mit Trubel und Heiterkeit, da auch dieser Weiler mit dem Auto erreichbar ist. Doch weit gefehlt, die Terrasse gehört uns alleine. Der Wirt bringt uns Birra und erklärt, dass bei zu viel Wasser im Bauch, sich dort die Frösche einnisten. Oder rostige Därme, das sei auch eine Spätfolge von zu viel Aqua. Wir befolgen seinen Rat und sind nicht unglücklich dabei.

Auch im Rifugio Palent sind wir alleine, aber Frösche im Bauch sind dann doch kein Auswahl auf unserem Wunschkalender

Nicht nur unsere Füsse laufen weiter, auch der Schweiss, die Gedanken, der Kreislauf, die Zeit, die verbalisierten Geschichten sowie die Blase laufen in regelmässigen Abständen. Es läuft!

Nur die Schirmlingstrasse bleibt schön in Reih und Glied stehen. Zum Glück brauchen wir auch heute keinen Regenschirm. 

Der Schirmverkauf stockt heute: zu viel Sonne

Der letzte Gegenanstieg ist ermüdend, doch umso schöner die Ankunft in Celle di Macra. Der Dorfplatz vibriert im Sonntagsfieber und wir lassen uns gerne anstecken. Gemütlich lassen wir den Nachmittag auf dem Dorfplatz ausklingen, gehen reihum duschen und geniessen die Atmosphäre dieses belebten Bergdorfes.

Der Dorfplatz in Celle di Macra im Sonntagskleid
Der Dorfplatz von Celle im Wanderduft
Sauer macht lustig

Das Nachtessen des ganz neu bewirteten Rifugio ‚La Cüsino‘ ist ausgezeichnet. Bei der Ankunft mit leeren Bäuchen fallen noch Sprüche, dass wir uns durch die ganze Speisekarte durchessen. Tja, manchmal werden Wünsche wahr und dann wünschen sich einige, sie wären nie wahr geworden. Was der Hansli nicht hat, das hätt‘er gern und was er hat, das will er nicht… 

Die frühere ‚Locanda Maraman‘ heisst neu ‚La Cüsino‘. Egal wie es heisst, auf alle Fälle ist es ein Besuch wert
Da wird gut geschaut, was im anderen Teller liegt… Futterneid nach einem intensiven Wandertag?
Es wird auch hier plötzlich ruhig, nur die Köchin singt noch italienische Canzoni beim Reinigen der Küche und wir stimmen einstimmig in den Gesang ein.

Und schon ist Wandertag Nr. 2 nur noch Erinnerung, wir legen uns mit vollen pranzi ‚i di frische Neschter um in Grind ine z‘schile‘. Guet Nacht.

Fazit des Tages: Viele Wege führen nach Celle di Macra, doch einer reicht.

San Martino inferiore – Celle di Macra

1 Kommentar

Wisi Eicher · August 26, 2024 um 16:56

Hallo ihr Lieben
Ganz herzlichen Dank für die spannenden Berichte von euch. Es ist immer ein Genuss diese zu lesen und so an den GTA-Etappen teilzunehmen. Am liebsten wäre ich ja auch mit dabei, aber für mich wäre es ohnehin zu streng und so kann ich ohne Schweiss die Wanderungen miterleben. Was aber fehlt, sind die wertvollen Begegnungen und die feinen italienischen Genüsse in fester oder flüssiger Form, die ihr immer wieder erlebt.
Wir wünschen euch alles Gute und viele tolle Erlebnisse auf dem GTA.
Liebe Grüsse an alle, Sonja und Wisi

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